Wir befinden uns „inmitten eines planetaren Notstands“[1] so schreibt der Club of Rome in seinem im September 2022 veröffentlichten Werk „Earth for all“. Zum 50. Jahrestag des 1972 veröffentlichten ersten Berichts „Die Grenzen des Wachstums“[2] bringen die Autor*innen nun einen „Survivalguid für unseren Planeten“[1] heraus. Und machen mit Ihrer Wortwahl unmissverständlich klar: Es geht um unser Überleben – als Zivilisation und als Lebensform.

Den Ernst der Lage haben auch die weltweiten Klimaproteste seit langem erkannt. Seit 2019 wurde auf vielen Demonstrationen immer wieder das Ausrufen eines Klimanotstands gefordert, dem die Stadt Jena dann im September 2019 auf kommunaler Ebene nachkam[3]. Auch in Jena herrscht seither Klimanotstand! Anders als erwartet folgte daraufhin jedoch zunächst eine Phase der Stagnation. Das bloße Anerkennen der Klimakrise als akuten Notstand bewegte die Stadtpolitik noch nicht direkt zu weiteren Handlungen. Erst durch den andauernden Druck von den Straßen und durch den Klimaentscheid Jena wurde dann 2021 vom Stadtrat beschlossen, bis 2035 klimaneutral zu werden.[4]

Auf Ebene der Stadtpolitik stellt das Ausrufen des Klimanotstands somit in gewisser Weise den Startschuss einer neuen Phase der Klimapolitik in Jena dar, die wir als Gruppe in Zukunft beeinflussen und mitgestalten wollen. Wir nennen uns unter anderem deshalb „Klimanotstands-Zentrum“, weil wir den Ernst der Lage verdeutlichen wollen. Für Symbolpolitik bleibt uns keine Zeit mehr, die Klimakrise steht vor der Haustür und erfordert sofort umfassende Maßnahmen. Dies verdeutlicht beispielsweise auch die Roadmap für schnelle Decarbonisierung[5], ein Fahrplan zur Klimaneutralität, in der von „Herkules-Anstrengungen“ die Rede ist, um bis zum Bezugsjahr 2050 klimaneutral zu sein (Abb. 1) [5].

Wohl wissend, dass der Notstands-Begriff auch eine abschreckende Wirkung haben kann, wollen wir klarstellen, dass es uns nicht darum geht Weltuntergangsszenarien zu verbreiten und Schwarzmalerei zu betreiben. Stattdessen wollen wir positive Visionen und Utopien eines neuen, klima-, umwelt- und sozialgerechten Zusammenlebens entwickeln. Gleichzeitig wollen wir unsere Augen aber nicht vor naturwissenschaftlichen Realitäten verschließen. Die aktuelle Situation erfordert den Klimanotstand, um die Vision einer lebenswerten Zukunft überhaupt aufrecht zu erhalten.

Denn Veränderungen wird es auf jeden Fall geben und geben müssen. Entweder es geschehen unliebsame Veränderungen „per desaster“ oder wir gestalten den Wandel sozial, humanistisch und selbstbestimmt „per design“. Diese selbstbestimmten Veränderungen müssen möglichen autoritären „Notstands“-Regelungen zuvorkommen! 

Mehr zu diesem Thema im „Philosophenstübchen“