Vision und Ziele

Klimakrise – eines der größten Probleme der Menschheit

Die ökologische und insbesondere die Klimakrise sind zum größten Problem für eine lebenswerte Welt für alle Menschen auf diesem Planeten geworden. Sie sind allgegenwärtig und erfordern umgehend konsequentes Handeln hin zu einer ökologisch stabilen, klimaneutralen und klimagerechten Welt. Die bei den natur-zerstörerischen Akteuren vorherrschende Denk-, Lebens- und Wirtschaftsweise muss grundlegend verändert werden.

Während der neueste Sachstandsbericht des Weltklimarats (IPCC) bekannt gegeben wurde, berichteten die Fernsehnachrichten von verheerenden Fluten in Westdeutschland und Bränden in südlichen Regionen. Die Extrem-Unwetter nehmen in der Anzahl bereits heute schon deutlich zu. Der neue Sachstandsbericht stellt fest: „Der Klimawandel ist bereits in allen bewohnten Regionen der Welt zu spüren“. Und dies, obwohl die globalen durchschnittlichen Temperaturen erst einmal „nur“ um ca. 1,1°C gestiegen sind. Wenn alles so bleibt wie es ist, landen wir im Jahr 2100 bei 3,3 bis 5,4°C über dem durchschnittlichen vorindustriellen Niveau, so steht es in dem geleakten Teil des neuen Sachstandsberichts.1 Auch in West- und Zentraleuropa könnte die durchschnittliche Temperatur bis zum Jahr 2100 um über 5°C steigen, wie der interaktive Atlas zur Regionalinformation des neuen IPCC-Berichts zeigt.2 Ab 3°C sind katastrophale Folgen zu erwarten – und auf die steuern wir zu, wenn die Treibhausgasemissionen nicht rapide und extrem schnell gesenkt werden!

Was können wir in Jena tun?

Es war deshalb nicht voreilig für Jena, als erste Thüringer Stadt den Klimanotstand auszurufen sowie im Sommer 2021 im Stadtrat die Klimaneutralität bis 2035 zu beschließen.3 Handeln wir endlich dementsprechend – und zwar auf allen Ebenen!

Ein notwendiger Wandel hin zu einer umfassenden nachhaltigen Lebensweise kann nicht nur von der Politik erwartet und umgesetzt werden, sondern erfordert eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung und Transformation. So geht der neue IPCC-Sachstandsbericht davon aus, dass auch in der Industrie „koordinierte Aktionen entlang der Wertschöpfungsketten“ stattfinden müssen.

Wir alle und unser tägliches Tun beim Konsumieren und Produzieren sind ein wichtiger Baustein dieses Prozesses hin zu einer klimagerechten Welt und einem guten Leben für uns alle. Auch eine Stadt wie Jena muss sich als Teil des Ganzen verstehen und ihren Beitrag leisten. Transformation muss auch auf regionaler Ebene begonnen und umgesetzt werden.

Ein Drittel der Treibhausgasemissionen aus dem Transportsektor kann z.B. durch eine Veränderung der Infrastrukturen, d.h. durch eine kompaktere Bebauung, durch eine Nähe von Wohn- und Arbeitsort und die Neuordnung des Straßenraums gesenkt werden, wie der neue geleakte Teil des IPCC-Berichts mitteilt. Es wird dort auch darauf aufmerksam gemacht, dass falsche Entscheidungen auf diesen Gebieten für eine lange Zeit Bestand haben und den dringend notwendigen Wandel blockieren. Die Realisierung solcher Veränderungen dagegen kann Signalwirkung weit über die Grenzen von Jena hinaus haben.

Die Vision

In Anlehnung an die britische Idee des Climate Emergency Centers4 ist die Vision entstanden in Jena ein Klimanotstands-Zentrum zu schaffen. Das Zentrum soll umfassende Aufklärung zum Thema Klimagerechtigkeit bieten, Bürger*innenbeteiligung ermöglichen und stärken sowie eine notwendige gesellschaftliche Transformation begleiten.

Klima-Aufklärung

Eine breite Aufklärung über Klimakrise und planetare Belastungsgrenzen sowie ihrer Folgen ist ein wesentlicher Bestandteil hin zu einer klimagerechten Welt. Nur wer die Zusammenhänge versteht kann die Notwendigkeit des Wandels, also der Transformation, akzeptieren und mittragen. Wir wollen Lösungen zur Bewältigung der Klimakrise im Großen und Kleinen aufzeigen und diese den Bürger*innen der Stadt Jena vermitteln. Eine nachhaltige Lebensweise darf kein Nischenwissen bleiben.

Bürger*innenbeteiligung

Wir sehen eine demokratische und direkte Bürger*innenbeteiligung als elementaren Bestandteil zur Reduktion der Treibhausgase – parallel zu den dringend erforderlichen technischen, städtebaulichen und den Konsum betreffenden Maßnahmen. Auch bedeutet Bürger*innenbeteiligung das Schaffen einer Selbstwirksamkeit in der Bevölkerung, damit ein Mitwirken wie auch Identifikation an lokalen, regionalen sowie bundesweiten Veränderungen gestärkt und ermöglicht wird.

Gesellschaftliche Transformation

Soziale Innovationen sind die Voraussetzung für eine sozial-ökologische gesellschaftliche Transformation. Sie gehen meist von kleinen Gruppen und Individuen aus und werden weiterentwickelt, um deren Bedeutung auf großer Ebene auszuprobieren und anzuwenden. Wir wollen einen kreativen Raum schaffen, indem Ideen für eine nachhaltige Lebensweise entstehen können, die zur Reduktion der Treibhausgase beitragen. Soziale Innovationen sollen aktiv gefördert werden. Bereits bestehende soziale Innovationen in der Stadt – wie bspw. Foodsharing, Repariercafe, Tauschring – können integriert und gefestigt werden.

Die Ziele

Informationszentrum und Begegnungsstätte für die Bevölkerung Jenas und soziale Innovationen

Gerade in Hinblick auf geplante Maßnahmen zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2035 ist eine öffentlich-kritische Begleitung dieses Prozesses notwendig. Die Jenaer*innen sollen wissen, was in ihrer Stadt passiert und warum. Darüber hinaus ist der aktuelle wissenschaftliche Kenntnisstand bzgl. Klimakrise fortlaufend allgemeinverständlich darzustellen.

Wir wollen Möglichkeiten aufzeigen und dazu beraten, wie der eigene ökologische Fußabdruck verkleinert werden kann. Die Integration und Präsentation von bereits bestehenden sozialen Innovationen und Strukturen innerhalb der Stadt Jena sind hierbei essentiell. Das Klimanotstands-Zentrum agiert hierbei als Vermittlerin zwischen den Bewohner*innen und den sozialen Initiativen.

Dem Bildungsauftrag gegenüber der jenaer Bevölkerung kommen wir durch Vorträge, Workshops und Aktionstage nach. Schulen und Kindergärten sollen aktiv einbezogen werden.

Raum für Bürger*innenbeteiligung

Das Klimanotstands-Zentrum Jena steht für ein soziales Miteinander. Wir wollen direkte Demokratie stärken und fördern, indem wir einen Raum für offene Versammlungen, Bürger*innenräte und ähnliche Projekte schaffen.

Ankerpunkt für Klimagerechtigkeits- und soziale Gruppen

Wir sehen es als notwendig an einen Raum zu schaffen, indem Klimagerechtigkeits- und verschiedene soziale Gruppen zusammenkommen können, um sich zu vernetzen und auszutauschen. Erst die Gemeinschaft macht uns stark und zugleich kreativ im Kampf gegen die ökologische und Klimakrise.

Findung, Organisation und Vernetzung benötigen Räumlichkeiten und Infrastruktur. Das Klimanotstands-Zentrum Jena soll dies ermöglichen. Wir sind ein sicherer Raum für Versammlungen, für das Sammeln von Ressourcen und die Stärkung von Resilienz. Wir wollen die Entstehung von Zusammenarbeit und neuen Initiativen ermöglichen. Es soll ebenso als Anlaufstelle für alle Interessierten dienen, die sich über das Informationsangebot hinaus in den Prozess der gesellschaftlichen Transformation einbringen möchten.

Grundsätze

  1. Das Zentrum ist offen und zugänglich für alle. Wir machen transparent, wie sich Menschen involvieren können und Entscheidungen getroffen werden.
  2. Alle Aspekte des Zentrums unterliegen der Nachhaltigkeit.
  3. Wir unterstützen Klima- und soziale Gerechtigkeit. Der Kampf um Klimagerechtigkeit kann nicht ohne soziale und ökonomische Gerechtigkeit gedacht werden.
  4. Wir arbeiten mit dem Gedanken der gegenseitigen Hilfe, Unterstützung und Kooperation. Wir bilden autonome Netzwerke innerhalb von Gemeinschaften. Autonomie bedeutet Verantwortung zu übernehmen für die Auswirkungen von Aktionen auf unsere Mitmenschen. Leute und Gruppen treffen ihre eigenen Entscheidungen, betrachten aber immer die Konsequenzen für die Menschen in ihrer Umgebung.
  5. Wir unterstützen direkte Demokratie.
  6. Wir unterstützen die Entwicklung von Gemeinschaften und Versammlungen.
  7. Wir gestalten den Systemwandel, indem wir neue Wege der Organisation, des Arbeitens und der Lebensgestaltung finden.
  8. Wir bestärken eine regenerative Kultur, indem wir auf uns selbst, aufeinander und den Planeten mit all seinen Bewohnern achten.
  9. Wir schaffen einen sicheren Raum für den Austausch innerhalb von Gruppen.
  10. Das Zentrum ist ein Ort zum Entwickeln, Lernen, Ausprobieren und Reflektieren.
  11. Wir distanzieren uns klar von jeder Form der Diskriminierung und von Profitinteressen.